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Grüner Knopf

Haben wir den Faden verloren?

Wie Fast Fashion unsere Umwelt zerstört – und welche Alternativen wir haben

7. März 2022 - 4 Min. Lesezeit

Anfang des Jahres gingen schockierende Bilder von schier endlosen Kleiderbergen aus der chilenischen Atacama Wüste um die Welt. Allein in Chile landen knapp 60.000 Tonnen gebrauchte und ungetragene Kleidung pro Jahr. Diese riesigen Textildeponien sind nicht nur trauriges Zeugnis unseres Überkonsums, sondern auch eine große Herausforderung für die Umwelt: Denn abhängig von der Faser und der Faserzusammensetzung kann es Jahrzehnte dauern, bis Textilfasern abgebaut sind, bei einigen Plastikfasern sogar Jahrhunderte. Und selbst Wolle braucht bis zu vier Jahre, bis sie verrottet ist. Es ist also höchste Zeit, unseren Konsum grundsätzlich zu überdenken und lieber wenige Einzelstücke möglichst lange zu tragen. Manchmal muss es aber doch ein neues Kleidungsstück sein. Worauf kann man dann beim Kleidungskauf in Bezug auf Fasern achten, um eine nachhaltigere Alternative zu wählen? Gibt es die eine, gute Faser?

Wenn die Chemie nicht stimmt und Naturfasern nicht gleich gut für die Natur sind

In den meisten Kleidungsstücken sind Kunstfasern enthalten, denn sie machen die Textilproduktion schnell und günstig. Die Basis von Kunstfasern ist meist Erdöl. Entsprechend schlecht ist ihre CO2-Bilanz. Sie sind außerdem nicht biologisch abbaubar, sondern Mikroplastik ab und belasten unser Ökosystem. Aber sie haben auch Vorteile: Sie machen unsere Textilien regenfest, bügelfrei, halten sie in Form.

Neben Kunstfasern aus Erdöl gibt es auch Kunstfasern aus pflanzlichen Rohstoffen, wie Viskose und Co. Diese werden meist auf Basis von Holz hergestellt und sind dann zwar biologisch abbaubar, gefährden aber in der Herstellung mit giftigen Substanzen wie Natronlauge, Schwefelsäure und Sulfat Gesundheit und Umwelt. Als nachhaltigere Alternativen gelten Modal oder Lyocell. Der Ausgangsstoff dafür ist heimisches Buchenholz, das oft aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Die eingesetzten Chemikalien sind weniger schädlich und werden oft aufgefangen, aufbereitet und wiederverwendet.

Bei Naturfasern wie Wolle, Daunen oder Baumwolle haben viele Menschen ein gutes Gefühl. Doch auch diese sind nicht automatisch gut für Mensch und Umwelt. So leiden Tiere, wenn sie schlecht gehalten, gewaltsam geschoren oder ihnen Federn bei vollem Bewusstsein gerupft werden. Baumwollanbau wiederum benötigt – je nach Anbaumethode – viel Wasser, das in zumeist ohnehin trockenen Regionen dann an anderer Stelle fehlt. Auch der Einsatz von Pestiziden und sogar Kinder- und Zwangsarbeit sind beim Baumwollanbau leider keine Seltenheit.

Die Zukunftsfrage: Langlebigkeit vs. Kreislauffähigkeit

Wer sich fragt, welche Kaufentscheidung denn nun die nachhaltigste sei, stellt schnell fest: Die nachhaltigsten Kleidungsstücke sind tatsächlich die, die schon in unseren Kleiderschränken liegen. Denn je länger und öfter wir ein Kleidungsstück tragen, desto nachhaltiger wird es. Das bedeutet aber auch, dass die Kleidung so produziert sein muss, dass sie lange haltbar ist. Hier kommt die Kunstfaser wieder ins Spiel, denn sie kann unsere Textilien besonders langlebig machen. Damit zum Beispiel eine Jeans möglichst lange hält, wird der Naturfaser Baumwolle ein kleiner Anteil der Kunstfaser Elasthan beigemischt.

Aber genau das wird zur Herausforderung, wenn die Jeans dann irgendwann doch aus dem Kleiderschrank fliegt und recycelt werden soll. Gemische aus verschiedenen Fasern lassen sich nur durch hohen Energieeinsatz wieder trennen und damit sortenrein recyclen. Die meisten Textilien auf dem Markt bestehen heute aus solchen Mischgeweben. Und obwohl die Branche mit Hochdruck an innovativen Recycling-Verfahren arbeitet, die Kreislauffähigkeit und Langlebigkeit vereinbar machen, wird eine flächendeckende Umsetzung wohl noch einige Zeit dauern

Aber genau das wird zur Herausforderung, wenn die Jeans dann irgendwann doch aus dem Kleiderschrank fliegt und recycelt werden soll. Gemische aus verschiedenen Fasern lassen sich nur durch hohen Energieeinsatz wieder trennen und damit sortenrein recyclen. Die meisten Textilien auf dem Markt bestehen heute aus solchen Mischgeweben. Und obwohl die Branche mit Hochdruck an innovativen Recycling-Verfahren arbeitet, die Kreislauffähigkeit und Langlebigkeit vereinbar machen, wird eine flächendeckende Umsetzung wohl noch einige Zeit dauern

Der Grüne Knopf – ein roter Faden für nachhaltigen Konsum

Wer auf neue Kleidungsstücke nicht verzichten und beim Einkauf trotzdem möglichst nachhaltig sein will, kann auf Siegel am Etikett achten, zum Beispiel auf das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf. Es verlangt von Unternehmen verantwortungsvolle Geschäftspraktiken und stellt Anforderungen an den Herstellungsprozess. Seit August 2022 ist die neue Standardversion auf den Markt, die in ihren Anforderungen dann auch die Fasern einbezieht. Für den „Grünen Knopf 2.0“ darf dann nur noch die jeweils nachhaltigere Faser ins Textil: Zum Beispiel muss Baumwolle aus verantwortlichem Anbau stammen. Bei Wolle gibt es ethische Vorgaben für die Tierhaltung, Angora und Pelze sind verboten. Bei Holzfasern muss das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. Kunstfasern müssen mindestens zu 70% aus recyceltem Material bestehen. Besonders schädliche Materialien, wie etwa Fluorfasern oder Polyacryl sind ausgeschlossen – Ausnahme gibt es nur bei technischen Textilien.

Die Diskussion darüber, welche Fasern tatsächlich nachhaltiger sind, wird weiter an Fahrt aufnehmen. Lebenszyklusanalysen werden in den nächsten Jahren mehr Klarheit bringen. Vor allem aber wird es darauf ankommen, ein konsequentes Recycling von Textilien weiter zu fördern und massentauglich zu machen. Am besten aber ist und bleibt, sich vor einem Kleiderkauf möglichst gut zu überlegen, welche neuen Stücke wirklich benötigt werden und diese dann so lange wie möglich zu tragen.

Der Grüne Knopf ist das staatliche Siegel für sozial und ökologisch hergestellte Textilien. Das Ziel des Grünen Knopfs: Schutz von Mensch und Umwelt bei der Herstellung von Kleidung. Das Siegel finden Sie direkt an Produkten wie T-Shirts und Jeans oder auch an Rucksäcken und Handtüchern. Mehr Infos finden Sie unter: www.gruener-knopf.de
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