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Freistaat an Fachkräfte: Ihr werdet gebraucht

Kommunen und öffentliche Unternehmen rollen den Interessenten für den öffentlichen Dienst den roten Teppich aus.

Der öffentliche Dienst will sich runderneuern und breiter aufstellen: moderner, bunter, weiblicher, altersgemischter. Nötig ist‘s, denn die Bevölkerung ist es ja auch. Foto: Adobe Stock

Rund 808.000 Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst kümmern sich in Bayern um die Anliegen der rund 13,1 Millionen Einwohner. Damit weist der Freistaat zwar nach Nordrhein-Westfalen die zweithöchste Anzahl von Staatsdienern auf. Doch gemessen an der Betreuungsquote, also der Anzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zur Gesamtzahl der Einwohner im jeweiligen Bundesland, liegt Bayern mit 16,2 nur auf dem viertletzten Platz, gerade mal vor den Stadtstaaten Bremen (15,3), Hamburg (13,9) und Berlin (12,8). Bedrohlich für die öffentliche Versorgung und Sicherheit ist das noch nicht. Aber es macht deutlich, dass auch der Freistaat mit der bundesweiten Herausforderung des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst zu kämpfen hat. „Der Mangel an Personal ist alarmierend“, warnte BrigitteZach von ver.di Bayern anlässlich des Tags des öffentlichen Dienstes am 23. Juni 2022. Wenn nichts geschehe, werde die Situation immer schwieriger.

Dabei geschieht auf der Ebene der einzelnen Behörden ziemlich viel. Manches fällt beim Blick in Zeitungen und auf öffentliche Plakatwände direkt ins Auge: Immer mehr Ministerien, Kommunen und öffentliche Unternehmen starten Werbeoffensiven und bildgewaltige Kampagnen, um Nachwuchskräfte für den Dienst am Gemeinwohl zu begeistern. Dabei gehen sie direkt auf die veränderten Erwartungen junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an ihre Arbeitgeber ein: flexible Arbeitszeiten ermöglichen eine ausgewogene Work-Life-Balance, vielfältige Arbeitsbereiche sprechen gezielt Quereinsteiger an, attraktive Arbeitsumgebungen verleihen dem öffentlichen Dienst einen farbigen Anstrich, und hartnäckige Bemühungen um Diversity und Integration zielen auf Bevölkerungsgruppen, die im öffentlichen Dienst zu selten vertreten sind. Nun müssen nur noch die verwaltungsinternen Strukturen, Prozesse und Steuerungsinstrumente an diese neuen Erwartungshaltungen angepasst werden. Aber Rom wurde bekanntlich auch nicht an einem Tag erbaut. Erst müssen die quicken Neuen her. Dann werden sie das Innere der Behördenlandschaft schon aus Eigeninteresse zukunftstauglich machen.

Viel zu lange hat sich der öffentliche Dienst auf seiner flauschigen Personaldecke ausgeruht und Bewerbungen, sagen wir: mit freundlichem Interesse entgegengenommen. Jetzt klemmt es an allen Ecken und Enden, und die Recruiter müssen umlernen. „Dem öffentlichen Dienst fällt es schwer, selbstbewusst und offensiv mit den eigenen Vorzügen auf mögliche Bewerberinnen und Bewerber zuzugehen“, sagt Andreas Hemsing, Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Komba, die die Interessen kommunaler Beamter vertritt. „Glücklicherweise lässt sich nach und nach eine Trendwende erkennen.“ Städte und Gemeinden werden wach und zeigen, was sie Fachkräften zu bieten haben. Dazu gehört beispielsweise eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf, Arbeitsplatzsicherheit sowie Entwicklungsperspektiven. „Die Vorteile liegen auf der Hand. Grundvoraussetzung ist, dass sie hervorgehoben und in der Praxis umgesetzt werden“, sagte Hemsing. Ein Erkenntnisproblem gibt es also nicht mehr. Was dem öffentlichen Dienst zu schaffen macht, ist ein Umsetzungsproblem.

Zwischen 1991 und 2020 sank die Gesamtzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst von 5,2 auf 4,6 Millionen Frauen und Männer. Obwohl seit einigen Jahren wieder verstärkt eingestellt wird, fehlen nach Einschätzung von dbb beamtenbund und tarifunion bundesweit noch immer rund 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mittel- und langfristig ist die Personallücke sogar noch größer, und das hat zwei Ursachen: Zum einen wird der seit Jahren vorhergesagte demografische Wandel jetzt schmerzlich spürbar. Er führt dazu, dass in den nächsten zehn Jahren weitere 1,3 Millionen öffentlich Beschäftigte altersbedingt ausscheiden werden, denen viel weniger Nachwuchskräfte gegenüberstehen. Um die buhlt aber auch die Wirtschaft. Bis 2042 werden rund 2,5 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand wechseln, das bedeutet, dass in 20 Jahren mehr als die Hälfte (52,9 Prozent) der heute öffentlich Beschäftigten ersetzt werden muss. Im gleichen Zeitraum wird die Zahl der Berufseinsteiger im Vergleich zu heute um mindestens zehn Prozent niedriger liegen. Nein, auf den Zuzug von Migranten darf man nicht hoffen. In diesem Schätzwert ist die prognostizierte Zuwanderung bereits eingerechnet.

Zum anderen wird das Aufgabenspektrum des öffentlichen Dienstes laufend erweitert, allen voran in den Bereichen Bildung und Sicherheit. Mit dem 2019 in Kraft getretenen Gute KiTa-Gesetz, das gute, qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung sicherstellen soll, sind eine Menge neuer Betreuungsaufgaben auf Erzieherinnen und Erzieher zugekommen mit der Folge, dass Tausende von Stellen geschaffen wurden und nun besetzt werden müssen. Im Bereich Sicherheit haben die Corona-Pandemie und die Zunahme der organisierten Kriminalität, um nur zwei drängende Anwendungsbereiche zu nennen, erheblichen Mehraufwand für das ohnehin knappe öffentliche Personal verursacht. Die Folge: Der Beschäftigtenrückgang in Kombination mit einer wachsenden Aufgabenlast birgt Risiken für die Stabilität und Sicherheit des Sozialstaats. „Der Bedarf wächst seit Jahren um rund zehn Prozent jährlich“, warnt der dbb Vorsitzende Ulrich Silberbach. „Die demografische Entwicklung treibt eine Abwärtsspirale an, gegen die die Kommunen, die Länder und der Bund viel zu wenig gegensteuern.“

Aber wie, genauer: mit wem soll der öffentliche Dienst seinen steigenden Personalbedarf decken? Die große Hoffnung richtet sich auf Zielgruppen, die bislang noch unzureichend ausgeschöpft werden: Frauen in technischen Berufen, Menschen mit Migrationshintergrund und Quereinsteiger. Entsprechend streben Städte und Gemeinden sowie öffentliche Einrichtungen die Förderung von Frauen und die Interkulturalität von Verwaltungen und Behörden an. Unter dem Motto „mehr Diversity!“ werden in vielen Amtsstuben Hemmnisse bei der Einstellung und beim Aufstieg abgebaut – auch und gerade in Bayern.

Selbst wenn es ungewöhnlich klingt (aber was ist Bayern schon gewöhnlich): Der Freistaat, seine Kommunen und öffentliche Unternehmen sind für Hochschulabsolventen und beruflich Ausgebildete heute eine echte Alternative zur Privatwirtschaft. Neben sicheren Jobs, einer geregelten Work-Life-Balance und attraktiven Aufstiegschancen bietet der öffentliche Dienst eine enorme Bandbreite an spannenden und zukunftsweisenden Aufgaben. Ärzte und Sozialarbeiter sind ebenso gefragt wie IT-Spezialisten und Erzieher, Installateure und Architekten, Verwaltungsfachkräfte und Kaufleute. Für sie alle bietet der öffentliche Dienst planbare Karrierepfade als Angestellte oder Beamte.

Auch beim Einkommen, oft als vergleichsweise gering geschmäht, gibt es neuerdings Spielräume, die für besonders stark gesuchte Fachkräfte wie IT-Spezialisten und Ingenieure gerne ausgeschöpft werden. Männlichen und weiblichen Beschäftigten stehen grundsätzlich dieselben Laufbahnen offen. Bis die Frauen endgültig aufgeholt haben, was nur noch vereinzelt in technischen Disziplinen aussteht, werden sie bevorzugt gefördert. Um die Struktur der Beschäftigten nach ihrer Herkunft der ethnischen Verteilung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Dienstes anzugleichen, richten sich aktuell die Anstrengungen darauf, die dringend benötigten Fachkräfte aus dem Kreis begabter Migranten zu gewinnen. Damit, so die Hoffnung, erledigt sich auch die Forderung nach Englisch als zweiter Amtssprache in den Behörden.

Frischer Wind ist freilich auch bei der Berufsausbildung notwendig, denn die Pipeline der Fachkräfte wird an der Quelle gefüllt. Bei der Gewinnung und Bindung von Auszubildenden bedarf es erheblicher Anstrengungen, die die Personalstellen weitaus mehr als in der Vergangenheit fordern. Wie das gehen kann, zeigt die Stadt Starnberg. Um den Zusammenhalt unter den Beschäftigten der örtlichen Kindertagesstätte zu fördern und die Stadt mit ihren hohen Lebenshaltungskosten für Bewerber attraktiv zu machen, hat der Finanzausschuss unlängst ein ganzes Maßnahmenbündel beschlossen, das sich sogar die Privatwirtschaft zum Vorbild nehmen kann: Zuschüsse zum Gehalt, die Einrichtung einer Springergruppe und alle zwei Monate 20 Euro für alle Kolleginnen und Kollegin, damit sie gemeinsam essen gehen können. Mal sehen, was da noch an guten Ideen auf den Tisch kommt.

Karen Engelhardt

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RUNDER TISCH – VIELFALT IM ÖFFENTLICHEN DIENST

Der öffentliche Dienst benötigt in den kommenden Jahren sehr viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um seine zahlreichen Aufgaben erfüllen zu können. Mehr Vielfalt in der Belegschaft soll dabei helfen, sie zu gewinnen.

1 – Dem Fachkräftemangel begegnen2 – Die Chancen, die in der Vielfalt liegen3 – Politische Weichenstellungen für die Zukunft

Der runde Tisch teilnehmer

  • KERSTIN DÜBNER-GEE

    seit März 2018 Leiterin der Abteilung Personalentwicklung & Chancen in der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).

    Zuvor war sie unter anderem Leiterin des Munich Dual Career Office und Koordinatorin des Zukunftskonzepts Exzellenzinitiative der Technischen Universität München. Zuletzt verantwortete sie das Geschäftsfeld Interne Angebote der Fraunhofer Academy. Seit 2021 ist sie Mitglied im Vorstand der German Scholars Organization. 

  • DR. NICOLE LANG

    ist seit Mai 2018 Leiterin der Abteilung II „Recht des öffentlichen Dienstes und Personalverwaltung“ im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat. 

    Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Regensburg begann sie 1999 ihre Karriere beim Staatsministerium der Finanzen. 2007 wurde sie Büroleiterin des Staatsministers, 2011 Referatsleiterin für „Besoldung und Stellenpläne“.

  • ANDREAS MICKISCHIST

    seit Juli 2022 Personal- und Organisationsreferent der Landeshauptstadt München. 

    Der 1972 in München geborene Jurist und Verwaltungsexperte arbeitet seit 2001 für die Landeshauptstadt. Erfahrung sammelte er im Baureferat, im Personal- und Organisationsreferat und in der Stadtkämmerei sowie als stellvertretender Büroleiter bei Oberbürgermeister Christian Ude und als Büroleiter bei Oberbürgermeister Dieter Reiter. Von September 2017 bis Juni 2022 war er stellvertretender Kreisverwaltungsreferent.

  • HARALD RIEDEL

    ist seit 2008 Stadtrat und Kämmerer der Stadt Nürnberg. 

    Aufgabenschwerpunkt ist die Schaffung einer modernen und leistungsfähigen Verwaltung. Nach dem Studium der Volkswirtschaft begann er bei der Münchener Ingenieurberatungsgesellschaft Dorsch Consult in der Entwicklungsplanung. Von 1996 bis 2004 war er Geschäftsführer der Nürnberger SPD-Stadtratsfraktion und von 2004 bis 2008 Referatsleiter in der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit. Neben seiner Arbeit als Kämmerer ist er seit Mai 2017 auch für die Bereiche Personal und IT verantwortlich.

  • CONSTANZE
    VOSS

    führt seit November 2021 als Leitende Regierungsdirektorin die Personalabteilung bei der Generalzolldirektion in Bonn.

    Bereits im April 2020 war sie als Referatsleiterin an den Rhein gezogen. Voß hat Rechtswissenschaft an der Universität Freiburg im Breisgau studiert. Nach ihrem Studium startete sie als Grenzreferentin für die Schweiz in der Zoll- und Verbrauchsteuerabteilung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe. Sie war unter anderem als Leiterin der Stabsstelle Controlling bei der ehemaligen Bundesfinanzdirektion Südwest in Stuttgart tätig sowie als Leiterin des dortigen Hauptzollamts in Stuttgart. 

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