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2 – Mobilität im Jahr 2040
Stadtdirektorin Sabine Effner würde Veränderungen gerne leichter erlebbar machen, um Münchner und Pendler bei der geplanten Verkehrswende mitzunehmen.
Fotos: The Point of View Photography
Sabine Effner – Das Straßenverkehrsrecht, das in erster Linie ein Gefahrenabwehrrecht ist, setzt uns oft sehr enge Grenzen. Wir hätten gerne mehr Erprobungsklauseln, um als Kommune neue Konzepte in der Praxis testen zu können. Es ist sehr wichtig, Veränderungen erlebbar zu machen, um sowohl die Münchnerinnen und Münchner als auch die Pendlerinnen und Pendler bei der notwendigen Verkehrswende mitzunehmen. Ein anderes Problem besteht darin, dass man im Straßenbereich jedes Mal sehr viel Geld in die Hand nehmen muss, um Wege umzubauen. Wenn es dann nicht funktioniert, werden entsprechende Rückbaumaßnahmen fällig. An dieser Stelle mithilfe des Straßenverkehrsrechts mehr ausprobieren zu können, wäre ein wichtiger Schritt.
Herr Mindel, der Verband der Automobilwirtschaft und die in ihm zusammengeschlossene Industrie sind daran interessiert, weiterhin Autos zu verkaufen. Wie können Sie dennoch an der Mobilitätswende mitwirken?
Jürgen Mindel – Wir stehen zu den Pariser Klimaschutzzielen und werden unseren Beitrag zu deren Erreichung leisten. Das können die Besucher bereits in diesem Jahr auf der IAAMobilityin München erleben, weil die überwiegende Zahl der dort präsentierten Fahrzeuge über emissionsfreie Antriebe verfügen. Auch der Automobilindustrie ist klar, dass die Mobilität im städtischen Bereich intermodal und vernetzt werden muss. Dazu müssen aber Angebote geschaffen werden, damit beispielsweise Pendler ihr Auto am Stadtrand stehen lassen können, um mit einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr in die Innenstadt zu kommen. Als Berliner nutze ich vor allem Bus und S-Bahn, aber es wird auch in Zukunft immer Situationen geben, in denen man auch in der Stadt auf das Auto angewiesen ist. Wenn man am Wochenende mit zwei Kindern zum Einkaufen geht, um Lebensmittel und Getränke für sieben Tage zu besorgen, dann kommt man mit Bus oder Lastenrad nicht weit.
Herr Klug, wenn man schon mit dem Auto in der Stadt unterwegs sein muss, dann in Zukunft hoffentlich mit einem Elektroauto. Wie sieht es denn mit den dazu erforderlichen Ladesäulen aus?
Robert Klug – Die für die breite Verwendung von Elektroautos erforderliche Ladeinfrastruktur in den Ballungsräumen zu schaffen, wo die Leute ihr Fahrzeug nicht an der heimischen Wallbox oder Steckdose laden können, ist tatsächlich ein Riesenthema. Selbst die Siedlungen, die heute gebaut werden, sind gar nicht für die notwendige Ladeinfrastruktur ausgerüstet. Das heißt, ich muss genügend Plätze schaffen, an denen ich das Auto nicht nur laden, sondern nach dem Ladevorgang auch woanders abstellen kann, damit der nächste die Ladesäule nutzen kann. In München nimmt der Anteil der Elektroautos bei den Neuzulassungen stark zu, aber die elektrische Ladeinfrastruktur hinkt hinterher. Park & Ride-Plätze sind für den Ausbau der Elektromobilität im Umland wichtige Berührungspunkte, doch der Ausbau ist vor 20 Jahren zum Erliegen gekommen. In Fröttmaning könnten statt einem genauso gut zwei oder drei große Areale stehen und wären ausgelastet. Die Park & Ride-Parkplätze werden jetzt mit Ladesäulen ausgerüstet, damit sie auch für Elektroautos nutzbar sind.
„SELBST SIEDLUNGEN, DIE HEUTE GEBAUT WERDEN, SIND NICHT FÜR DIE NOTWENDIGE LADEINFRASTRUKTUR FÜR E-AUTOS AUSGERÜSTET.“
Unternehmen werden ebenfalls gefördert. Wie verhält es sich dort?
Robert Klug – Das gilt auch für die Förderung von Unternehmen, die Ladestellen auf ihren Firmengeländen errichten. Viele kommen dann aber mit einem Hybrid um die Ecke, der ebenfalls subventioniert wird. Wir bekommen aktuell rund 150 Ladepunkt-Anfragen pro Tag. Wir wissen zum Teil gar nicht, wo wir die Ressourcen hernehmen sollen, um alle Anfragen zu erfüllen. Wobei das Problem eher die Mitarbeiterzahl ist, da man für jede Ladesäule zwei Mitarbeitertage einplanen muss. Deshalb ist es so schwierig, Geschwindigkeit in den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu bekommen. Aktuell werden die Elektroautos schneller verkauft, als die Ladepunkte geschaffen werden können.
Herr Böschl, ist die Nachfrage nach Elektroautos schon so groß, dass es Lieferengpässe gibt?
Gerhard Böschl – Die Nachfrage nach elektrifizierten Autos, also nach reinen Elektroautos, Mild- oder Plug-In-Hybridfahrzeugen ist tatsächlich schon sehr groß, auch weil sie staatlich gefördert werden. Es gibt aber auch skeptische Kunden, die sich nicht sicher sind, wie sich der Restwert des Fahrzeugs über die Jahre entwickelt. Die Fortschritte bei der Ladetechnik erlauben immer kürzere Ladezeiten, und das ist hinsichtlich der Reichweite der Fahrzeuge ein sehr wichtiges Kriterium.
Für Robert Klug, Geschäftsführer der Claus Heinemann Elektroanlagen GmbH, sind die fehlenden Personalressourcen das Nadelöhr beim Ausbau der Ladeinfrastruktur.
Frau Effner, wie stark fördert die Stadt München die Elektromobilität? Oder wollen Sie lieber gar keine Autos in der Stadt?
Sabine Effner – Es läuft gerade eine Ausschreibung für neue Ladekapazitäten, weil wir natürlich den Bedarf sehen und auch befriedigen wollen. Allerdings müssen wir die Dauer des Abstellens und Ladens von E-Fahrzeugen weiter verringern. Man fährt auch nicht an eine Tankstelle, stellt sein Auto an der Zapfsäule ab und geht zwischendurch eine Stunde einkaufen. Auch dort muss man den Platz nach dem Tanken wieder freimachen, und das sollten wir auch bei der Elektromobilität anstreben, um die Ladesäulen besser auszulasten. Allerdings bedeuten Elektroautos nur eine Energie-, aber keine Mobilitätswende, denn am Ende verbrauchen sie ebenfalls wertvollen städtischen Raum für Straßen und Parkplätze. Wenn die Leute dann auch noch einzeln im Auto unterwegs sind, ist das nicht sehr flächeneffizient. Wir werden künftig aber mehr Grünflächen brauchen, wenn es in der Stadt nicht zu heiß werden soll. In dieser Hinsicht sind Elektro-Sharing-Fahrzeuge die bessere Lösung.
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