ARBEITEN IM HOMEOFFICE

Remote Work – die Welt zu Hause

Für manche Unternehmen ist es seit langem selbstverständlich, für andere seit der Coronakrise eine neue Herausforderung: Arbeiten im Homeoffice. Im Kühlschrank steht der „Quick-Lunch“ bereit, für den nächsten Video-Call wird schnell noch das Wohnzimmer aufgeräumt. Für Mittelständler ist Remote Work eine Chance, ihre traditionellen Strukturen zu modernisieren.

Remote Work – die Welt zu Hause

Kreativität online: Meeting bei der collaboration-Factory. Foto: collaboration Factory

Der Juniorchef betritt die Firma, sucht sich einen freien Arbeitsplatz im Coworking Space, klappt den Laptop auf und legt los. Ein eigenes Büro für den Boss? Das hält er für ein Relikt aus der Vergangenheit. Bei Videocalls spricht er sich mit Mitarbeitern ab, die verstreut über die Republik im Homeoffice sitzen. Der Kunde hat für die Präsentation spontan eine Kollegin aus China eingeladen? Dann wird eben auf Englisch präsentiert. Kein Problem, oder?

 

Solche Szenen sind nur bei wenigen Unternehmen denkbar – noch immer. Gerade Mittelständler tun sich oft schwer mit der Arbeitswelt 4.0 und den VUCA-Anforderungen (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity). Während früher feste Strukturen, tradierte Unternehmenswerte und klassische Rollenbilder selbstverständlich waren, zählen heute Flexibilität und Agilität. Hinter diesen Schlagworten stehen konkrete Arbeitsmodelle. Eines davon ist das Homeoffice.

Handwerker im Homeoffice?

Sicher, nicht für jede Branche eignet sich diese Arbeitsform gleichermaßen. Ideal beispielsweise ist die Arbeit im eigenen Zuhause für alle, die mit Informations- und Kommunikationstechnologien zu tun haben. Weniger einfach funktioniert es bei Mittelständlern in Branchen mit einem hohen Anteil an manuellen Aufgaben – etwa in der Holz- und Metallbearbeitung, im Hoch- und Tiefbau oder im Einzelhandel. Aber auch hier gibt es Wege und Lösungen. Selbstverständlich kann ein Handwerker oder Fachverkäufer seinen Job nicht im Homeoffice erledigen. Aber Teilbereiche eines Unternehmens wie das Projektmanagement oder das Personalwesen sind dort durchaus denkbar.

Voraussetzung sind mobile Lösungen wie Notebook und Smartphone. Und natürlich Tools, die eine reibungslose interne und externe Kommunikation ermöglichen. Zu beachten sind auch datenschutzrechtliche Leitlinien und Vorgaben.

Schneller Informationsaustausch über Skype und WhatsApp

TRI Dental Implants, ein mittelständisches Unternehmen aus der Medizintechnikbranche mit Sitz in der Schweiz, setzt maßgeblich auf das Homeoffice. Denn die meisten der 30 Mitarbeiter arbeiten nicht in Zürich, sondern in Freiburg. Das Unternehmen beliefert hauptsächlich Zahnarztpraxen und Dentallabore mit Zahnimplantaten. Die Dentalprodukte selbst werden natürlich nicht im Homeoffice hergestellt, sondern im Labor. Aber die Firmenstruktur basiert auf Remote Work: Von Marketing und Vertrieb über das Organisieren von Webinaren und Schulungen bis hin zum Qualitätsmanagement reichen die Aufgaben, die vom heimischen Schreibtisch aus erledigt werden.

Das ist die Zentrale von TRI Implants in Zürich. Ein Großteil der Mitarbeiter arbeitet von zu Hause aus. Foto: TRI Implants

„Bei uns funktionierte das Homeoffice von Anfang an sehr gut. Seit zehn Jahren sind unsere Mitarbeiter in der Schweiz und in Deutschland verteilt und arbeiten meist von zuhause aus“, erzählt Valentina Ciullo, Head of Global Marketing. „Wir bieten Online-Schulungen für Ärzte an, vernetzen uns in WhatsApp-Gruppen mit Kollegen, Partnern und Kunden und treffen uns in Skype-Meetings. Das klappt super.“

Produktiv in den eigenen vier Wänden

Konzentriert arbeiten, während die Waschmaschine läuft – sieht so die Zukunft der Arbeit aus? Ja, das tut sie – denn entgegen mancher Vorurteile sind Mitarbeiter im Homeoffice produktiver als am Arbeitsplatz im Unternehmen. Das bestätigt auch Annika Kelch, Talent Acquisition Manager bei der collaboration Factory, einem Münchner Softwareentwickler. „Ich arbeite gerne im Homeoffice, wenn ich neue Strategien entwickle und mich stark konzentrieren muss. Zuhause kann ich alle Kommunikationskanäle stumm schalten und mich komplett auf meine Arbeit fokussieren. Im Büro nutze ich die Zeit lieber für Termine und den direkten Austausch mit Kollegen.“ Die collaboration Factory entwickelt selbst Softwarelösungen, mit denen Unternehmen dezentral, kollaborativ und agil das Projektmanagement steuern können.

Beruf oder Familie? Natürlich beides!

Während der Ausgangsbeschränkungen in der Coronakrise arbeiteten alle Mitarbeiter der collaboration Factory von zuhause aus. Für Annika Kelch kein Problem, obwohl es für manche Mitarbeiter nicht einfach war: „Sogar unsere neuen Kollegen verbrachten ihren ersten Arbeitstag im Homeoffice. Neben dem inhaltlichen Onboarding gab es einen virtuellen Lunch und regelmäßige Kaffeepausen, damit wir uns alle kennenlernen.“ Viele Arbeitnehmer in Deutschland stehen dieser Arbeitsform ähnlich positiv gegenüber. Laut einer aktuellen Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) unter mehr als 1000 Angestellten waren während der Coronakrise 75,4 Prozent grundsätzlich bereit, ins Home-Office zu wechseln. Die meisten Unternehmen stehen dieser Bereitschaft aber eher zögerlich gegenüber.

Umsetzung betrieblicher Maßnahmen Vereinbarkeit Familie und Beruf

Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2018

Laut KfW-Mittelstandspanel 2018 boten zum Erhebungszeitraum nur rund 27 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern flexible Arbeitsorte an. Aktuell  könnte es also durchaus sein, dass manche Unternehmen die positiven Erfahrungen mit Homeworking nutzen, um ihre Strukturen auch für nach Corona zu überdenken.


Warum sprechen sich so viele Angestellte für die Arbeit zuhause aus? Was macht flexible Arbeitsformen so attraktiv? KfW Research hat diese Fragen analysiert. 93 Prozent der berufstätigen Eltern, die auch zuhause arbeiten, geben an, dass ihnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dadurch leichter fällt. Durch den Wegfall von Wegzeiten sparen sie durchschnittlich 4,4 Stunden wöchentlich ein. Diese Zeit verbringen sie hauptsächlich mit ihren Kindern. Die vielbeschworene „Work-Life-Balance“ – sie ist ein entscheidendes Kriterium für die Wahl des Arbeitgebers.

Ohne Kollegen geht es nicht

Also wäre doch alles ganz einfach und das Homeoffice die geradezu ideale Lösung – wenn da nicht der Mensch wäre. Der ist nun einmal ein soziales Wesen und braucht Kontakte. Auch im beruflichen Umfeld. Damit neben Telefonkonferenzen und Video-Meetings der persönliche Austausch nicht auf der Strecke bleibt, findet bei TRI Dental Implants mindestens einmal im Quartal ein „Round Table“-Meeting statt, bei dem alle Mitarbeiter physisch anwesend sind.

 

Teammitglieder der collaboration Factory haben im vergangenen Jahr zum ersten Mal selbst eine Remote Work Week organisiert, um sich teamübergreifend  jenseits des Arbeitsalltags auszutauschen und neue Ideen zu entwickeln. „Es ist total produktiv, wenn man seine gewohnte Umgebung verlässt und mit Kollegen in Kontakt kommt, die in einem anderen Bereich arbeiten“, erinnert sich Sabine Pfleger an die vergangene Remote Work Week des Unternehmens. Zur Kreativität beigetragen hat vielleicht auch der sonnige Ort für die Work Week. Wo diese stattfand? Auf Mallorca.

In der Krise eine Chance sehen

Viele kleine und mittlere Unternehmen mussten sich im Frühling 2020 zwangsweise auf Homeoffice umstellen. Doch genau das kann eine Chance für die Zukunft sein.

Erfahrungen austauschen, Ideen entwickeln: Das kann auch im Homeoffice gelingen. Foto: Adobe Stock

Ungewohnte Arbeitsprozesse haben sich etabliert, neue Strukturen sorgen für mehr Kreativität: Powerpoint-Präsentationen werden von mehreren Mitarbeiten gleichzeitig in der Cloud bearbeitet, dank 100 Mbit pro Sekunde ruckelt auch die Videokonferenz im Homeoffice nicht mehr. Und das monatliche „Drink & Think“ zum kreativen Austausch nach Feierabend, wie zum Beispiel bei einer kleinen Münchner Computerfirma seit langem üblich, gibt es nach wie vor. Der Austausch ist virtuell, das Glas Wein sehr reell. Die Flasche hat der Chef zuvor persönlich verschickt.

 

Kein Zweifel: Der Mittelstand ist in der Arbeitswelt 4.0. angekommen.

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