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Raute trifft Ressourcen: Die gezielte Vernetzung von Spitzenforschung, Großunternehmen, Mittelstand und Start-ups ist die Grundlage für bayerische Erfolge bei der Digitalisierung. Foto: Adobe Stock
Ganz Bayern treibt die Digitalisierung mit Nachdruck voran. „Trickle-down“ heißt der Effekt, der die Ergebnisse von Spitzenforschung an Universitäten und Instituten über innovationsfreudige Hightech-Konzerne, pfiffige IT-Mittelständler und agile Start-ups in neue Anwendungen verpackt in Büros und Werkshallen fließen lässt. Fast alles, was hier steht, hat mindestens einen Mikroprozessor. Der ist auf einem Halbleiterplättchen festgelötet, denkt von Menschenhirn gesteuert mit und tauscht sich über leistungsfähige Datennetze mit gleichgebauten Kollegen aus. Das Internet of Things (IoT) ist geradezu von Chips bevölkert. Deshalb geht in der bayerischen Wirtschaft kaum noch etwas ohne diese Hochleistungsminis. Womit nicht „Bavarian Chips“ gemeint sind. In denen steckt kein Silizium, sondern original-bajuwarische Brezn.
Mehr als ein Viertel der Wertschöpfung des bayerischen Bruttoinlandsprodukts stammt aus der Fertigung. Die Unternehmen, die diesen Mehrwert erzeugen, machen Industrie 4.0 anschaulich: Von der Verbesserung von Produktionsprozessen über die Verwaltung von Vermögenswerten und den Verkauf von Operntickets bis hin zu neuen Geschäftsmodellen, deren Kernstück zumeist wiederum die IT ist. Selbst Lederhosen kommen heute mit einem eingenähten RFID-Chip daher. Die winzigen Peilsender verstehen sich blendend mit der Computerkasse und dem elektronischen Alarmgeber am Ausgang.
Chip-Design ist eine Schlüsselkompetenz für den IT-Standort Bayern. Im September stellte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger die Weichen für das Bayerische Chip Design-Center (BayCDC). Unter der Federführung des Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen und zusammen mit zwei weiteren Fraunhofer-Instituten in Garching und München soll hier die Chip-Entwicklung gebündelt und ausgebaut werden. Diese Zukunftstechnologie soll den Freistaat unabhängiger machen von den Lieferanten in Taiwan und Südkorea. „Es ist Hochtechnologie nötig, um auf so kleinem Platz so komplexe Strukturen unterzubringen“, schwärmt der Minister. Wäre Bayern nicht das flächenmäßig größte Bundesland Deutschlands, könnte man das als subtilen Fingerzeig auf den eigenen Erfolg deuten.
Die EU-Kommission hat München zu Europas Spitzenzentrum im IT-Bereich erklärt. Nicht aus weiß-blauem Himmel heraus, sondern aus handfesten Gründen. Bayern ist nicht nur Standort von einem knappen Dutzend Universitäten und 17 Fachhochschulen, sondern auch von renommierten Forschungseinrichtungen und Forschungsverbünden, in denen an Zukunftstechnologien aus dem IT- und Telekommunikationsumfeld gearbeitet wird. Eine Viertelmilliarde Euro haben der Freistaat Bayern und der Bund zusammengelegt und dem Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching einen Exascale-Supercomputer spendiert. Mit einer Trillion Rechenoperationen pro Sekunde erreicht Exascale die zum jetzigen Zeitpunkt höchste Rechenleistung. Das LRZ will mit Hilfe des XXXL-Rechners, der ein Drittel bis die Hälfte eines 1.000 Quadratmeter großen Raums ausfüllt, unter anderem Schwarze Löcher im Weltraum erforschen.
In die andere Richtung auf Ausguck, nämlich in die allerkleinste Materie, ist Immanuel Bloch. Der Professor für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching gehört zu den führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Quantenmaterie. Er arbeitet am Munich Center for Quantum Science and Technology mit. Das ist der bayerische Leuchtturm, von dem aus die Zeit nach der Digitalisierung in den Blick genommen wird. „Der hat auch international eine enorme Strahlkraft, um die besten Studierenden auf der ganzen Welt anzuziehen“, lobt Bloch. „Wir werden von Stadt und Land ganz hervorragend unterstützt. Die Ministerien sind erreichbar, die Zusammenarbeit klappt vorzüglich. München hilft uns sehr.“
Kunststück: Mit der Quantentechnologie sind große Erwartungen verknüpft. Ihre enorme Rechenpower könnte die Materialforschung revolutionieren und die Entwicklungszeit für neue Medikamente auf Wochen schrumpfen. In diesem Sommer hat das erst im April gegründete Quantencomputer-Start-up Planqc rund 4,6 Millionen Euro von Wagniskapitalinvestoren eingesammelt. Das Gründerteam aus Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts will damit einen Quantencomputer entwickeln – den ersten aus deutscher Wissenschaftsproduktion. Oft wird ja beklagt, dass heimische Spitzenforschung – anders als in den USA – kaum zum Aufbau innovativer und großer Unternehmen führt. „Von uns Wissenschaftlern wird immer gefordert, dass wir stärker nach Amerika blicken sollten. Das tun wir selbstverständlich“, gibt Immanuel Bloch gekonnt zurück. „Und sehen zu unserem Bedauern, dass wir in Deutschland und Europa keine Großunternehmen haben, in denen man die Leute Neues ausprobieren lässt, ohne dass es wirtschaftlich relevant ist.“
Indirekt befördern Hightech-Konzerne wie Siemens, Apple Google, Huawei, IBM und Microsoft, allesamt unter einer Münchner Telefonnummer erreichbar, durchaus den Trickle-down-Effekt. Mit Zulieferverträgen und Kooperationsabkommen locken sie mittelständische Unternehmen und Start-ups ins Isar Valley, aus dem längst ein „Bavarian Valley“ geworden ist. Zwischen Aschaffenburg und Sonthofen tragen gerundet 20.000 kleine und große Unternehmen die Digitalisierung in die Fläche. Sie bieten Dienstleistungen, entwickeln und vertreiben Soft- und Hardware, Mikroelektronik und Telekommunikation und optimieren software-basierte Prozesse. Rund 380.000 Entwickler, Administratoren, Programmierer, IT-Consultants, Data Scientists und Software-Architekten fahren jeden Morgen für die Kunden ihre Rechner hoch und helfen den Anwendern, die digitale Transformation zu meistern. In Bayern gibt es die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Informations- und Kommunikationstechnik. Hier arbeitet etwa jeder fünfte deutsche IT-Experte, und wären es noch mehr, würde Bayern als IT-Leuchtturm das ganze Land in den Schatten stellen.
Doch der Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte hat sich dramatisch verschärft. Das sagt Dominik Roth, Partner und Direktor des Münchner Büros der weltweit tätigen Personalberatung Mercuri Urval: „Während zu Beginn der Corona-Pandemie auf Arbeitgeberseite die Hoffnung bestand, der eine oder andere IT-Spezialist könne auf dem Arbeitsmarkt verfügbar werden, sieht es mehr als zwei Jahre später genau umgekehrt aus: Sie fehlen mehr denn je.“ Roth erwartet, dass der Fachkräftemangel im IT-Bereich trotz der bevorstehenden Rezession anhält. „Der Bedarf der Unternehmen übersteigt weiterhin das verfügbare Angebot“, erläutert der Personalberater. „In München gibt es zwar mehr IT-Fach- und Führungskräfte, aber aufgrund der sehr hohen Nachfrage werden auch höhere Gehälter gefordert und gezahlt.“
Die Hebelwirkung der IT für den Erfolg dürfte das hergeben. Zwar sind die wirtschaftlichen Aussichten für das neue Jahr trüber als vor zwölf Monaten. Aber insbesondere der IT-Mittelstand zeigt sich deutlich robuster als die Gesamtwirtschaft. „Auch in dem aktuell schwierigen Marktumfeld entwickelt sich das Geschäft überdurchschnittlich gut“, heißt es in einer aktuellen Marktuntersuchung des Branchenverbands Bitkom. Das bayerische Staatsministerium für Digitales wird das gerne hören. Um weitere Potenziale für die Digitalisierung Bayerns auszuschöpfen, beschäftigt es sich nicht nur mit den terrestrischen Möglichkeiten der IT, sondern nimmt auch Satellitentechnik in den Blick. Sich hohe Ziele zu setzen, ist bekanntlich nie verkehrt.
Karen Engelhardt
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