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Im Gespräch

Fine-Dining mit Bodenhaftung

Foto: Bettina Rubow

Sternekoch Stefan Hummel und sein Souschef Michael Brettner vom Gasthaus Hummel in Wischenhofen

Seit über 300 Jahren steht das Gasthaus Hummel am oberen Rand des Naabtals in Wischenhofen, einem Ortsteil von Duggendorf im Landkreis Regensburg. Seit 110 Jahren ist es im Besitz der Familie Hummel, seit 2022 schmückt sich der Fine-Dining-Bereich des Betriebes, Hummels Gourmet Stube, mit einem Michelin-Stern. In ihrer zum Flur hin offenen Küche kochen Stefan Hummel und sein Souschef Michael „Michi“ Brettner mit vorzüglichen Produkten, geschmacklicher Tiefe und Raffinesse. In derselben Küche wird aber auch traditionell aufgekocht. Zum Sonntagsbraten beim Hummel kommen seit jeher Dorf und Stadt. Seit nunmehr vier Generationen wird der Betrieb mit viel Herzblut geführt. Im Alten Saal, der ausgebauten Scheune, kann groß gefeiert werden, im Sommer sitzt man auf der Terrasse mit Traumblick über die Hügelketten des Bayerischen Waldes und im Winter am Kamin – es schmeckt und fühlt sich einfach „hummelig“ an, wie die Gäste loben. Anfang März 2024 haben wir Stefan Hummel gemeinsam mit Michael Brettner gesprochen.

Herr Hummel, Ihren ersten Stern bekamen Sie im Pandemiejahr 2022, wie lange hatten Sie da bereits Ihre Gourmet Stube und haben Sie mit der Auszeichnung gerechnet?
Stefan Hummel: Wir haben 2015 aufgesperrt, vorher haben der Michi und auch mein Vater mit angepackt beim Umbau der alten Wirtsstube in ein Fine-Dining-Restaurant. Dass wir nach den kulinarischen Sternen greifen, war allen irgendwie klar, doch ausgesprochen wurde diese Hoffnung nie. Wir waren immer nur sehr ruhig, wenn Sterneverleihung war. Als erstes sind die Tester vom Gault Millau aufgetaucht und 2018 hatten wir die erste Empfehlung vom Michelin. Aber noch keinen Stern, der kam erst im Jahr 2022. Den tragen wir mit großem Stolz.

Kann man überhaupt auf einen Stern hinkochen?
Stefan Hummel: Nicht indem man sich vornimmt, wir wollen unbedingt den ersten Stern oder zwei rote Hauben und kochen jetzt das, von dem wir denken, das ist gefragt. Aber wir haben schon Gas gegeben und tun das nach wie vor. Meine Frau und ich waren ja bereits vom Fine-Dining-Virus infiziert, als wir hier losgelegt haben, dazu kamen Michis feine Ideen aus seiner Wanderzeit, und die Gäste haben uns zusätzlich motiviert. Die Tester kommen ja nicht nur einmal, sondern mehrfach übers Jahr, um zu schauen, ob man das Level hält. So ein Michelin-Stern ist schon eine große Verantwortung, weil er verspricht, dass hier sehr gut, kreativ und auf zuverlässig hohem Niveau gekocht wird.

Waren Ihre Eltern denn gleich einverstanden mit den Veränderungen im Haus?
Stefan Hummel: Meine Eltern haben nie etwas blockiert. Mein Vater hat sogar selbst die Gardinen heruntergerissen, als wir den Raum komplett umgestaltet haben, so geht das, Jungs, sagte er und zog einmal kräftig. Dann saß er fünf Jahre am Abend in einem Winkel der Gourmet Stube, trank sein Henkelbier und bewunderte die neuen, elegant gekleideten Gäste – dieses Bild von ihm werde ich nie vergessen. Er war felsenfest davon überzeugt, dass wir einen Stern bekommen; das hat er leider nicht mehr erlebt, aber meine Mutter ist glücklicherweise noch da und macht in der Früh das Frühstück für unsere Übernachtungsgäste.

Frage an Sie beide: Welche waren die prägenden Stationen Ihrer Ausbildung?
Stefan Hummel: Ich habe im Roten Hahn in Regensburg gelernt, bei Max Schmidt, der hat mich aber weitergeschickt nach Stuttgart; bei Franz Feckl, im Landhaus Feckl, habe ich dann weitergelernt, die beste Zeit war aber die am Bodensee, dort habe ich meine Frau kennengelernt – und wir die Küche, Wein und Landschaft sehr genossen.
Michael Brettner: Ich habe zweieinhalb Jahre beim Hummel gelernt, danach im Birkenhof gearbeitet, im Zwei-Sterne-Restaurant Eisvogel, besser hat’s mir aber danach beim Schmaus Anton im Storstad in Regensburg gefallen – und am besten geht’s mir schon hier, weil ich eigene Ideen einbringen und auch meine süße Ader mit Desserts und Petits Fours ausleben kann. Von Haus aus ist bei uns niemand in der Gastro, ich habe zwar als Kind schon gekocht, aber nach der Schule erst einmal eine Lehre in der Maschinenfabrik Reinhausen begonnen. War nix für mich.

Asiatisch inspirierte Vorspeise in der Gourmet Stube.

Asiatisch inspirierte Vorspeise in der Gourmet Stube. Die, wie alle Gerichte von Hummel und seinem Team, sieht aber nicht nur schön aus. Schließlich kommt laut Stefan Hummel „erst der Geschmack, dann die Kunst“. Foto: Bettina Rubow

Herr Hummel, welchen Anteil hat Ihre Frau an Ihrem Erfolg?
Stefan Hummel: Einen riesigen. Sie macht zurzeit den Service in der Gourmet Stube allein, ist gleichzeitig unsere Sommelière, und ihr Stilempfinden war bei der Gestaltung des Gastraumes entscheidend. Sie dekoriert und sorgt sich um alles und alle.

Mussten Sie Ihre Frau überreden, mit Ihnen in ein kleines Oberpfälzer Dorf zu gehen?
Stefan Hummel: Ich geh überall mit dir hin, hat sie gesagt, als unser Umzug nach Wischenhofen anstand. Der Vater rief uns und wir kamen. Da war unser Sohn, er ist ein gebürtiger Radolfzeller, noch ein Baby. Zehn Jahre waren wir dann hier fest eingebunden, unsere Tochter kam auf die Welt und schließlich die Gourmet Stube dazu. Wir machen alles zusammen, arbeiten viel, haben aber auch zusammen frei, wenn wir frei haben. Ohne die richtige Frau wird das nichts, kann ich nur sagen.

Stefan Hummel und seine Frau Stefanie sind ein perfekt eingespieltes Team.

Stefan Hummel und seine Frau Stefanie sind ein perfekt eingespieltes Team. Foto: Florian Hammerich

Kochen Sie immer noch im Spagat bayerische Traditions- sowie Spitzenküche? Und wenn ja, wie lassen sich die unterschiedlichen kulinarischen Welten verbinden?
Stefan Hummel: Die Welt des Fine Dining und die Wirtshausküche sind voneinander getrennt. Geht auch nicht anders, denn für einen guten Braten bekommt man keinen Stern. Aber natürlich fließen manche Gerichte oder auch Saucen in den Alten Saal, zum Beispiel die hausgemachte Rouille für unsere weitgerühmte Bouillabaisse, die es in der Gourmet Stube als Küchengruß gibt und im Saal als Hauptgericht à la carte.

Sterne- und Wirtshausküche sind zwar unterschiedliche Welten. Dennoch sind die Speisen im Alten Saal mitunter von den Kreationen der Gourmet Stuben beeinflusst.

Sterne- und Wirtshausküche sind zwar unterschiedliche Welten. Dennoch sind die Speisen im Alten Saal mitunter von den Kreationen der Gourmet Stuben beeinflusst. Foto: Florian Hammerich

Woher kommen Ihre Gäste?
Stefan Hummel: Viele kommen aus Regensburg und der Stern zieht auch Münchner und Ingolstädter hierher. Es kommen auch Hiesige mit Freunden und zu festlichen Anlässen. Wir haben auch Erst-Sterne-Esser bei uns, die Hemmschwelle ist nicht so hoch, denn von außen schaut es aus wie ein normales Wirtshaus, und das ist es ja auch. Zum Hochzeitstag gehen inzwischen auch Einheimische in die Gourmet Stube.

Ist es manchmal auch entspannend, für den Alten Saal zu kochen?
Stefan Hummel: Ja, am Sonntagmittag haben wir es superentspannt, im Ofen garen die Braten, zusammen mit meiner Mutter schneiden wir sie auf. Der Druck der Sterneküche ist nicht da, der große Saal gut gefüllt. Da macht es auch nichts, wenn zwei Leute nicht kommen – während No-Show in der Sterneküche ein mittleres Drama ist.

Ihr Lieblingsgericht aus Kindertagen?
Stefan Hummel: Der Sauerbraten von meinem Papa, ich mache die Sauce genauso, wie sie bei ihm war.

Ohne Ihren Sous-Chef Michael Brettner, haben Sie mehrfach gesagt, hätten Sie nicht den ersten Stern vom Gourmethimmel geholt … ist Kochen als Teamwork heute anerkannter als früher?
Stefan Hummel: Das ist so. Wir arbeiten zu dritt in der Küche, unser Lehrling Kevin, Michi und ich. Michi hat sich von Anfang an sehr reingeschafft, er bringt kreative Ideen mit, ist ein unschätzbar wertvoller Mitarbeiter, daher ist er auch Küchenmeister. Nach dem Kochen geht er auch raus zu den Gästen und hilft meiner Frau beim Service.

Auf der Speisekarte der Gourmet Stube findet sich zurzeit Kimchi … ist die koreanische Küche eine Inspiration und woher sonst holen Sie sich Ihre kulinarischen Ideen?
Michael Brettner: An den asiatischen Küchen gefällt mir das Verhältnis von Süße und Säure. Darüber hinaus lese ich Kochbücher, bin auf Kochseiten unterwegs, folge Tim Raue … in meinem Kopf arbeitet es ständig. Kurz vorm Schlafengehen oder auch unterwegs im Auto habe ich dann plötzlich eine Eingebung, das könnte man ausprobieren.
Stefan Hummel: Dann muss meine Frau neue Menükarten entwerfen und die gerade eben ausgedruckten Karten kommen weg. Aber was tut man nicht alles für die Perfektion!

Die bekannte Bouillabaisse, gibt es in den Gourmet Stuben als Gruß aus der Küche.

Die bekannte Bouillabaisse gibt es in den Gourmet Stuben als Gruß aus der Küche. Foto: Bettina Rubow

Sie bieten im Alten Saal nicht nur Zwiebelrostbraten und weitere Fleischgerichte an, sondern auch eine klassische Bouillabaisse und ein Rote-Bete-Risotto … wie kommt das an?
Stefan Hummel: Wir wollen unsere alten Gäste, die, die schon immer hier eingekehrt sind, unbedingt behalten, wer seinen Ochsenbraten oder das Hummel-Schaschlik will, bekommt das auch, in bester Qualität. Wer ein bisschen über den Tellerrand schauen möchte, findet im Alten Saal am Abend aber auch feinere Gerichte, man kann sich zum Beispiel aus Trüffelnudeln, Lachsforelle mit Rote-Bete-Risotto und Krustentierschaum sowie einer Schokoladenmousse ein tolles Menü kreieren.

Wie würden Sie Ihre Küche charakterisieren?
Michael Brettner: Es ist eine Herz- und Bauchküche.
Stefan Hummel: … die nicht nur schön ausschaut, sondern vor allem auch gut schmeckt. Erst kommt der Geschmack, dann die Kunst. Bei uns duftet es auch in der Gourmet Stube nach den Gerichten und es dampft, denn alles wird heiß serviert.

Nur ein festes Fünf-Gänge-Menü in der Gourmet Stube … warum ist das so?
Stefan Hummel: Die Sterneküche ist unsere Challenge. Zu dritt schaffen wir die perfekte Vorbereitung nur in diesem Format. À la carte würde es nicht gehen. Selbstverständlich nehmen wir Rücksicht auf Unverträglichkeiten und kochen auf Wunsch auch vegetarisch. Außerdem werfen wir kaum noch etwas weg.

Was sind Ihre kulinarischen Pläne für die Frühjahrs- und Sommersaison?
Stefan Hummel: Es sprießt ja schon kräftig … wir freuen uns auf den Bärlauch, die Kresse, die jungen Kräuter. Die Winterküche mit ihren Knollen und der Petersilienwurzel ist vorbei, jetzt gibt es Kalbsbraten, rosa, frische Fische, das junge Gemüse unseres Gemüsebauern, der auch schöne Blüten liefert.

Sie kommen ja beide aus der Oberpfalz. Welche Rolle spielt die Herkunft für Sie?
Stefan Hummel: Die Oberpfalz ist nicht verwöhnt. Hier hat man keine Angst vor Überstunden, wir sagen, das macht uns sogar Spaß.
Michael Brettner: Die Produkte, die wir hier vor Ort haben, sind von großer Qualität, Kräuter und Gemüse aus dem eigenen oder den anliegenden Gärten, die Wälder mit ihrem Wild, die Teiche und Seen, wir haben vorzüglichen Zander, Saibling, Stör, Lachsforelle, die Fische sind so frisch, dass du einen Tag warten musst, bevor du sie verarbeitest.

Das Interview führte Bettina Rubow (2024).

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