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Bildung aktuell
Maßnahmen

Fachkräfte durch Weiterbildung

Zwei Bundesministerien haben spezielle Förderprogramme für mehr Qualifikation aufgelegt

Arbeitsminister Hubertus Heil – Foto: BMAS/Dominik Butzmann

Alle Branchen haben Nachwuchssorgen, Fachkräfte werden allenthalben gesucht. „Wir haben schon alles versucht“, klagte kürzlich die Chefin eines mobilen Pflegedienstes, „wir finden weder Auszubildende noch ausgebildete Pflegefachkräfte.“ Praktisch allen Gewerke aus der Baubranche erging es ähnlich. Mit der abflauenden Baukonjunktur scheint bei einigen Betrieben allerdings die Suche nach Personal etwas ins Stocken geraten zu sein. Während ein Gastronom wie Roland Morhart, der den „Viktoriahof Zum Kramerwirt“ im Weiler Hohenzell zwischen München und Augsburg betreibt, seine Öffnungszeiten reduziert hat. Obwohl seine Stammgäste aus der Umgebung wie auch aus der Landeshauptstadt und der Fuggerstadt ihm die Treue gehalten haben: „Uns fehlt seit Corona einfach das Personal.“

Woher also Personal nehmen, wenn der Markt leergefegt ist. Die Chefin des Arbeiterwohlfahrt (AWO)-Kreisverbands Dachau, Wiebke Kaun, forderte im vergangenen Herbst, eine staatliche Initiative zur Anwerbung von Pflegekräften, zum Beispiel in Südosteuropa. Ein weiterer Weg, den die AWO, wie viele andere Arbeitgeber, seit Jahren geht, ist die Weiterqualifizierung der eigenen Arbeitskräfte. Mit einer doppelten Zielsetzung: Zum einem bleiben die Höherqualifizierten auf diese Weise dem Arbeitgeber verbunden, zum anderen werden Stellen auf einem Einstiegslevel frei, die prinzipiell leichter zu besetzen sind.

An diesen Gedanken knüpften jüngst zwei Bundesministerien an, die sich die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen auf die Fahnen geschrieben haben: das Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) unter Ministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit Minister Hubertus Heil (SPD) an der Spitze.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Weiterbildungsgesetz

Das Weiterbildungsgesetz des BMAS eröffnet Arbeitgebern die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter durch Weiterbildung besser zu qualifizieren – und zwar auf Staatskosten. Ferner will Hell eine Weiterbildungszeit oder -teilzeit nach österreichischem Vorbild einführen, sozusagen das Spiegelbild zum Arbeitgeber-Angebot: Die Weiterbildungszeit ermöglicht Beschäftigten, eigenständig einen Weiterbildungsweg einzuschlagen, auch dann wenn der Arbeitgeber kein passendes Weiterbildungsangebot machen kann. Auch hier würde der Staat (über die Bundesanstalt für Arbeit) die Kosten tragen, mit einer „Entgeltersatzleistung“, wie es im Gesetzentwurf heißt, ähnlich wie das „Kurzarbeitergeld“. Die Bildungszeit ist auf zwölf Monate in Vollzeit oder 24 Monate in Teilzeit begrenzt. Ein weiteres Instrument des Gesetzes nennt sich „Ausbildungsgarantie“. Diese „soll ein Signal an junge Menschen sein, eine Ausbildung als Karriereoption wahrzunehmen“, formulieren Heils BMAS-Beamte. Dabei sollen betrieblich Kurzpraktika gefördert werden, einschließlich der Fahrkosten zu Ausbildungseinrichtungen, die nicht im unmittelbaren regionalen Umfeld von potentiellen Ausbildungskandidatinnen und -kandidaten situiert sind. Der Vorstoß erhielt im Großen und Ganzen positive Noten von den einschlägigen Verbänden. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt etwa prinzipiell die Ausbildungsgarantie, empfiehl aber dringend, sie um ein Angebot für „bezahlbaren Wohnraum“ zu ergänzen, am besten in einer Art Azubi-Wohnheim mit sozialpädagogischer Betreuung. Einzelne Großarbeitgeber wie die Deutsche Bahn haben solche Wohnheime schon vor einigen Jahren errichtet, zum Beispiel in Hamburg. Ein weiteres soll ab 2023 in Hebertshausen im Norden von München gebaut werden.

Der Sozialverband VdK lobte Heils Weiterbildungsgesetz. Es sichere „den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit, insbesondere in Zeiten von neuen Anforderungsprofilen“, heißt es in der Stellungnahme des Verbands. Der VdK schränkt ein: „Ein besonderes Augenmerk muss aber auf der Qualifikation von Älteren, Schwerbehinderten, Menschen mit geringer Qualifikation und Frauen liegen.“ Der Grund: Diese Gruppen kommen nach VdK-Erfahrung selten in den Genuss derartiger Maßnahmen. Gerade ältere Frauen stellten deshalb einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Die Folge: Sie gehen als Fachkräfte verloren und haben mit Altersarmut zu kämpfen. Der VdK zitiert eine Statistik der deutschen Rentenversicherung, nach der nur halb so viele Frauen wie Männer „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ in Anspruch nähmen, also genauso solche Initiativen wie Heils neues Weiterbildungsgesetz.

Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF): Weiterbildungsstipendium

Das Weiterbildungsstipendium des BMBF richtet sich an eine gänzlich andere Zielgruppe: „an talentierte und leistungsbereite Fachkräfte unter 25 Jahren, die bereits ihre berufliche Ausbildung abgeschlossen haben“, heißt es auf der Ministeriumseite. Bis zu drei Jahre lang unterstützt das BMBF über seine gemeinnützige Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) besonders erfolgreiche Absolventen einer dualen Ausbildung. Allerdings sind die Mittel beschränkt: Die Förderung beträgt höchstens 8700 Euro. Heuer können sich maximal 6250 Jungprofis bewerben, ab dem kommenden Jahr werden 6500 Stipendien vergeben. Unterstützt werden fachbezogene Lehrgänge, etwa ein Schweißer-Kurs oder ein Lehrgang zum Wundmanagement. Ebenso Meister-Vorbereitungskurse, aber auch Fremdsprachen und Software-Workshops sowie sogar berufsbegleitende Studiengänge, die auf der Ausbildung aufbauen.

Sowohl das Weiterbildungsgesetz des BMAS wie das Weiterbildungsstipendium des BMBF klingen vielversprechend, gerade auch weil sie sich ergänzen. Aber erreichen sie auch ihre Zielgruppen?

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB): Wirksamkeitsstudie

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das der Bundesagentur für Arbeit zugeordnet ist, hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die dieser Frage nachgegangen ist. Das IAB untersuchte dazu zwei frühere Heil-Initiativen: das „Qualifizierungschancengesetz“ aus dem Groko-Jahr 2018 sowie das „Arbeit-für-Morgen“-Gesetz aus dem Frühjahr 2020, auch noch zur Groko-Zeiten. Des letzteren Langtitel lautet: „Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“.

Das ernüchternde Ergebnis lautet: Beide Gesetze, obwohl mit Fördermitteln ausgestattet, werden „eher wenig in Anspruch genommen“, wie das Autorinnen- und Autorenteam konstatiert.

Die Gründe sind vielschichtig. Ein Hauptproblem, hat das IAB herausgefunden, ist die mangelnde Bekanntheit. Zudem schrecke der administrative Aufwand die Beteiligten ab. Kleine und mittlere Unternehmen hätten nicht die personellen Kapazitäten, weder um Anträge zu verfassen, noch um Teammitglieder auf Kurse zu schicken. Größere Unternehmen sähen Aufwand und Ertrag in keinem gerechtfertigten Verhältnis. Die Interviewten aus den Arbeitsagenturen äußerten sich deutlich drastischer: „Der höchste Aufwand, den wir für irgendwelche Leistungen haben“, zitiert das Forscherteam einen Interviewten, ein anderer sprach gar von einem „bürokratischen Monster“.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger – Foto: BMBF/Hans-Joachim Rickel

Also sollte der Staat einfach auf jegliche betriebliche Weiterbildungsunterstützung verzichten? Mitnichten, lässt sich aus dem Fazit der Studie herauslesen. Weiterbildung sei in einer „sich dynamisch wandelnden Arbeitswelt (…) von hoher Bedeutung.“ Genau deshalb fördere die Bundesagentur für Arbeit „die Weiterbildung nicht nur von Arbeitslosen, sondern auch von Beschäftigten“. Allerdings ist dafür Eigen-PR nötig und ein Abbau bürokratischer Hindernisse.

Eine Erkenntnis, die das BMAS beim neuen Weiterbildungsgesetz schon berücksichtigt zu haben scheint. Zumindest wurde zur Jahreswende auf allen Kanälen darüber berichtet. Das BMBF tut sich mit seinem deutlich kleineren Weiterbildungsstipendium leichter. Auch weil es Partner mit im Boot hat, die den Bekanntheitsgrad des Projekts heben: den Deutschen Industrie- und Handelskammertag, den Zentralverband des Deutschen Handwerks sowie den Bundesverband der Freien Berufe jeweils mit den angeschlossen regional zuständigen Stellen und Kammern.

Die Aktivitäten der beiden Ministerien fließen übrigens auch in die „Fachkräftestrategie der Bundesregierung“ ein, ein 37-Seiten-Werk, das vom BMAS im Oktober 2022 im Namen des gesamten Kabinetts veröffentlicht wurde. Dazu demnächst mehr hier.

Horst Kramer

Quellen:

www.bmas.de, Suchwort: Weiterbildungsgesetz

www.bmbf.de, Suchwort: Weiterbildungsstipendium

Die drei großen D

Die Bundesregierung hat im Herbst 2022 ein Strategiepapier zur Fachkräftekrise veröffentlicht

 

Es umfasst 35 Seiten und hat einen beeindruckenden Titel: „Fachkräftestrategie der Bundesregierung.“ Es wurde im vergangenen Oktober vom Bundesministerium für Arbeit und Bildung im Namen des gesamten Kabinetts veröffentlicht. Es umfasst eine Analyse des Ist-Zustands sowie eine Skizze der künftigen Handlungsfelder.

Die Analyse ist nicht überraschend: Schon aus demografischen Gründe werde es schwierig, Fachkräftestellen nachzubesetzen. Die Digitalisierung und die Dekarbonisierung bewirken eine Transformation ganzer Branchen, etwa im Automobil- oder Energiebereich. Neue Kompetenzen sind gefordert. Unwägbarkeiten wie die Covid-19-Pandemie und der russische Angriffskrieg erschweren den Wandel. Bis 2026 wird die Erwerbstätigkeit gegen­über 2022 um gut 200.000 Perso­nen zurückgehen, während zugleich die Erwerbs­losigkeit ansteigt, prognostiziert die Regierung. Gleichzeitig sind etwa 240.000 Arbeitsplätze mehr neu zu besetzen, als Arbeitskräfte verfüg­bar sein werden. Dieses „Fachkräfteparadox“ wird in einigen Branchen und Regionen weiter zunehmen. Prioritäre Handlungsfelder seien daher eine zeitgemäße duale Ausbildung und gezielte Weiterbildungsinitiativen ohne Altersbegrenzungen, wobei kleine und mittlere Unternehmen unterstützt werden müssen. Zudem ist es wichtig, Arbeitspotenziale wirksamer zu heben, ebenso die Erwerbsbeteiligung bei Frauen und bei Älteren, bei Men­schen mit Migrationshintergrund sowie bei Men­schen mit Schwerbehinderungen, attraktivere Vergü­tungen sowie eine gute Vereinbarkeit von Be­ruf und Privatleben vorausgesetzt. Ein weiterer wichtiger Baustein der Strategie ist eine moderne Einwanderungspolitik sowie die Reduzie­rung der Abwanderung. Deutschland müsse sich als „attraktives Einwanderungsland“ präsentieren, heißt es weiter. „Einbürgerungen wer­den künftig bereits nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen sogar schon nach drei Jahren.“ Fachkräftesicherung könne nur gelingen, wenn alle Akteure des Arbeitsmarktes ihren Teil dazu beitragen. kram

 

Das Papier ist zu finden auf www.bmas.de unter Service/Publikationen

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